Good Morning Vietnam
Rundreise durch das nördliche Bergland
29. Oktober 2009 - 15. November 2009
10. Tag - Tam Coc (Ninh Bình) |
Die Nacht im Zug war mehr eine Qual als ein gemütliches Plätzchen. In jeder Kabine des Zuges gibt es vier Betten, zwei-Bett-Kabinen sind nirgends vorhanden, auch nicht im teuren Tulico Touristic. Das Hotel wies uns diesen Zug sowie das Abteil zu und wir hätten sowieso keine andere Wahl gehabt. Wir teilten uns die Kabine mit zwei vietnamesischen jungen Frauen, die den Zug gleich im Pyschama bestiegen. Nebenan verbrachten betrunkene vietnamesische Männer ihre Nacht, also hatten wir es noch gut erwischt. Die Schienen im Land sind allerdings so schlecht, dass sie um komplett um den Schlaf brachten. Außerdem die Betten hart und viel zu kurz. Der Kopf stieß oben an und die Füße unten. Zum Glück waren wir in keinem sechs-Bett-Abteil, sonst hätten wir Platzangst bekommen. Es brummte, ratterte, quietschte in einer unvorstellbaren Lautstärke. Beim Stehenbleiben mussten wir uns festhalten, um nicht aus dem Bett zu fallen und am Morgen kam keine Durchsage, dass wir bereits in Hanoi angekommen sind, sondern der Zug blieb stehen und alle mussten raus, auch wenn sie noch schliefen. |
5:30 Uhr war es bereits und uns ging es gar nicht gut. Ich hatte Kopfschmerzen von dem harten Bett und dem Gebrumme. Am Bahnhof belagerten uns zudem gleich wieder zwanzig Taxi- und Moped-Fahrer auf einmal, am liebsten hätte ich geschrien, dass sie mich in Ruhe lassen sollen. Mein Kopf! Aber das gehört sich nicht in diesem Land und ich beherrschte mich. In der Bahnhofshalle wollten wir das Ticket nach Ninh Binh kaufen, doch die Dame verwies mich freundlich in die andere Bahnhofshalle, von wo aus die Züge in Richtung Süden abfahren. Wir umkreisten das Gelände und fanden nicht gleich den richtigen Weg, die Rucksäcke waren schwer, wir müde und genervt und dann wieder diese Taxifahrer... grrrr! Nach gefühlten 5 Kilometern, in Wirklichkeit bestimmt nur einer, erreichten wir den Haupteingang des Bahnhofs. Hier war alles überraschend einfach für Touristen gemacht, es gab eine große LED-Tafel, an der die Abfahrtszeit für den Zug nach Saigon stand inkl. aller Stopps. So wussten wir, dass unser Zug um 10:05 Uhr losfährt und um 12:35 Uhr in Ninh Binh ankommt, obwohl es nur 115 Kilometer sind. Ok, warten war angesagt, vier Stunden lang, müde, hungrig und mit Kopfschmerzen... Die ersten zwei Stunden verbrachten wir in der Bahnhofshalle, schliefen fast wieder ein und um 7:30 Uhr öffneten endlich die Fahrkartenschalter. Es kam Abwechslung ins Spiel, neben dem Warten kauften wir unsere Fahrkarten, was ebenfalls überraschend gut und schnell ging, denn die Dame am Schalter sprach englisch und war sehr freundlich und hilfsbereit. Nun wieder warten und der Hunger wurde größer. Vor dem Bahnhof öffneten glücklicherweise gerade einige Stände mit Brot, Getränke und Süßigkeiten und wir kaufen erstmal etwas für ein kleines Frühstück ein. Sehr sporadisch, aber immerhin etwas zwischen den Zähnen. Wieder warten, noch eine Stunde. Mittlerweile hat sich die genervte Laune und die Müdigkeit verzogen, das „Frühstück“ tat wohl gut. Eine Stunde bevor der Zug abfuhr, erschallte die Durchsage in der Wartehalle und alle Reisenden sprangen auf einmal auf, als ob sie keine Plätze mehr bekommen würden, obwohl jede Fahrkarte schon einen Sitzplatz enthielt. |
Wir warteten, bis alle zugestiegen sind und begaben uns ebenfalls zum Zug. Au wei, aber was ist das denn? Ein Zug mit Gefängnisgittern an den Fenstern (Foto rechts). Ups. Innen sah er auch nicht besser aus, Holzbänke, zu dritt auf einer Bank, auf der eigentlich nur zwei Personen Platz haben. Mir tat der Rücken schon vom Hinsehen weh. Noch 45 Minuten, bis der Zug losfuhr und wir hatten keine Lust mehr, zu warten. Endlich, endlich setzte er sich pünktlich in Bewegung und schon bald fielen die Augen zu, aber an schlafen auf diesen harten Bänken war gar nicht zu denken. |
Zweieinhalb Stunden können schon sehr lang sein, der Zug war noch viel lauter als der Nachtzug. Wir beobachteten unbemerkt die Leute, die keine Anstalten machten, für andere Mitreisende Platz zu machen, mit Reissäcken bepackt zustiegen und die Säcke unter die Sitzbänke stopften, die uns freundlich ansahen und etwas auf vietnamesisch sagten und grinsten, wir aber nichts verstanden, die auch Touristen waren und wir ein bisschen froh darum, nicht die einzigen Europäer hier zu sein, die sich zu dritt einen Zweiersitz teilten und die fast in die Zeitung hineinkrochen, um sie zu lesen. Insgesamt fanden wir die Zugfahrt gar nicht sooo übel, auch wenn wir wirklich schon Rückenschmerzen hatten. Aber neben Bus,- Taxi- und Mopedfahren war die Zugfahrt ein gleichermaßen interessantes Erlebnis. Einzig froh war ich darum, dass das Ei der Frau, die mir gegenüber saß, kein halb ausgebrütetes war, was in Vietnam als Delikatesse gilt, sondern ein normal hartgekochtes. Mir wäre sonst echt schlecht geworden. Pünktlich wie die Feuerwehr erreichten wir Ninh Binh, aber ohne Durchsage, wir mussten uns also auf die Uhrzeit verlassen. Wir stiegen aus und schups, ein Moped- und Taxifahrer nach dem anderen. Herje, darf man nicht mal in Ruhe ausstiegen und sich umsehen? Als wir nach gerade mal zwei Minuten beschlossen hatten, mit einem Mopedfahrer nach Tam Coc zu fahren, waren bereits alle wieder abgedüst. Jetzt wollten wir eins und keins war mehr da. Sind die ungeduldig. Ein verlassener „Taxifahrer“ kam auf uns zu, der uns die 9 Kilometer lang Fahrt für 70.000 Dong anbot. Wir fragten, ob er nicht ein Moped hat und er meinte, Moped ist zu teuer wegen dem Sprit, dafür müssten wir 90.000 Dong hinlegen. Wir verhandelten auf 60.000 Dong, er ging nicht mit, wir lehnten ab und zogen zu Fuß los. Und, gleicher Effekt wie in Son La, plötzlich sind 65.000 OK. Wir stiegen in ein altes klappriges Auto, welches nicht mit „Taxi“ gekennzeichnet war und unterwegs fragte uns der ältere Herr, ob wir bei ihm übernachten wollten, für 5,00 US$. Wir verneinten. Er: „OK? 5 Doller“, wir verneinten wieder und redeten uns raus, dass wir ein Hotel reserviert haben (was nicht stimmte). Für diejenigen, die Privatunterkünfte bevorzugen, sicherlich nicht schlecht, aber wir wollen ein Hotel. Als wir Tam Coc erreichten, fuhr er in eine Hofeinfahrt, wir stiegen aus und schon wollte er uns in seine Wohnung locken, auch eine Frau eiferte fleißig mit, um uns in die Wohnung zu kriegen. Noch dazu hatte sie fast den gleichen Namen, wie das Hotel, welches wir uns raussuchten und direkt nebenan liegt. Wir verneinten wieder, zahlten die Fahrt, er wollte uns nicht genügend Geld zurückgeben, wollte 5.000 Dong behalten und uns dafür auf ein Bier einladen. Nee, nichts da. Her mit den 5.000 und weg waren wir. Also echt, überall muss man aufpassen, so schnell ist man sein Geld los, das gibt’s gar nicht. Wir checkten im benachbarten The Long Hotel ein, bekamen ein Zimmer im vierten Stock mit herrlicher Aussicht auf die Bucht für 25,00 US$ inkl. Frühstück pro Nacht. Nach einer ausgiebigen Dusche brauchten wir nur noch die Straße zu überqueren und standen auch schon am Bootsanleger. Als Tam Coc werden eigentlich drei Höhlen bezeichnet und nicht der Ort. Zu den Höhlen gibt es nur eine Wasserstraße, die von Booten mit Touristen teilweise ziemlich überlaufen ist. |
Wir kauften ein Ticket für uns zwei und eines für ein privates Boot, da wir gerne alleine sein wollten und die ältere Dame hinter uns ruderte los. Die Fahrt ging durch ausgetrocknete Reisfelder und steil aufragende Karstfelsen, die den Namen trockene Halong-Bucht einbrachte (Foto links). Wunderschön ist es hier, eine Landschaft, wie wir sie uns für Vietnam vorgestellt hatten. Hier und da sahen wir Reisbauern und Angler in ihren Booten. Wir genossen die Stille. Einsam war es zwar (noch) nicht, aber eine tolle Entschädigung für die strapaziösen Zugfahren. Das hat sich also wahrlich gelohnt! |
Nach ca. 15 Minuten Fahrt erreichten wir die erste der drei Höhlen, Hang Ca, die mit 127 Metern die längste ist. Der Felsspalt über dem Wasser ist nicht sehr hoch, gerade ausreichend, dass die Boote samt Insassen gut hindurchfahren können (Foto rechts). Im Inneren der Höhle kann es schon gruselig werden, wenn keine anderen Boote da sind, sie ist nicht beleuchtet und auf den Kopf sollte man aufpassen. Später folgten die zwei weitere Höhlen, Hang Hai und Hang Ba, die zwar viel kürzer sind, aber auch niedriger. |
Am Ende der Strecke warteten selbstverständlich Händlerinnen in den Booten, die von unserer Ruderin natürlich prompt angesteuert wurden. Wir kauften uns die leckeren Bananen und für die Ruderin Limo und Cola. Die Damen bedankten sich, wir drehten um und fuhren den gleichen Weg wieder zurück, während wir die leckeren Mini-Bananen verspeisten. Auf halber Strecke versuchte uns die Ruderin selbstgestickte Decken anzudrehen und nach unserem freundlichen „no, thank you“, hieß es ständig „50.000, ok?“ Nein, wir sagten nein und meinten auch nein. Wir sagen doch nicht nein und meinen ja. „50.000, ok?“ NEIN! (verdammt!). Die Hmong- und Dao-Frauen in den Bergen waren uns wirklich sympathisch, ihnen haben wir gerne etwas abgekauft, aber das hier ist einfach nur noch Touristenabzocke und das sehen wir gar nicht ein. Die Bootstour ist wirklich toll und die Landschaft einmalig schön, aber dass immer und überall die Ware aufgedrängt wird, nur weil sich hier ein paar mehr Touristen befinden als sonstwo im Land, macht den friedlichen Ort schon fast kaputt. Als wir jedenfalls nach über 1 ½ Stunden den Bootsanleger erreichten, fragte uns die Ruderin, ob wir bitte Trinkgeld geben. Ok, wir gaben 10.000, die ältere Frau hat sich wirklich abgemüht. Nein, 10.000 waren nicht genug. „20.000, for my mother“. Bitte sehr, wieso fragt Ihr eigentlich, wenn es doch schon sowieso selbstverständlich ist? |
Entlang des Bootsanlegers spazierten wir ein Stück nach hinten und entdeckten rechts eine "touristische Einrichtung", die als solche gar nicht erkennbar und auch menschenleer war. Wir gingen hinein und wunderschöne chinesische Tempel taten sich auf (Foto links). Eine junge Frau trat hervor und bot an, hineinzutreten und uns alles anzusehen. Wir standen im Co Vien Lau Village, welches einen einmaligen Einblick in das frühere Leben im nördlichen rote-Fluß-Delta bietet. Menschenleer, nur wir hier. Eigentlich schade, denn es ist sehenswert und in jedem Gebäude sind Exponate aus früherer Zeit ausgestellt. |
Wir verweilten eine Weile im Village, bevor wir uns im Hotelrestaurant unser heuiges Abendessen genehmigten und für morgen zwei Fahrräder bestellten. Die Eindrücke des heutigen Tages reichten von unkonfortabal über individuelles Backpackerreisen im klapprigen Zug bis hin zum gemütlichen Hotelzimmer und Touristenabzocke. Sooo schlimm, wie in anderen Ländern ist es zwar noch nicht mit der Touristenabfertigung, zumal viele Asiaten und auch Vietnamesen selbst im ganzen Land Urlaub machen, aber das dauert bestimmt nicht mehr lang. Schade! |
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