Lappland |
5. Tag - Nordkap (NO) |
Zum heutigen Höhepunkt unserer Nordskandinavienreise schliefen wir mal wieder viel zu lang, aber das war ja auch schon egal. Nach dem Frühstück ging die Fahrt weiter hinauf in den Norden, immer entlang des Porsangerfjords, an dem es immer wieder Stellen mit tollen Aussichten geben sollte. Leider verhieß das Wetter heute nichts Gutes. Es regnete fast auf der gesamten Fahrt und wenn es nicht regnete, hangen die Wolken so tief, dass wir die Klippen auf der anderen Seite des Fjords nicht erkennen konnten. Nach 25 Kilometern machten wir einen ersten Stop bei den Trollen von Trollholsmund. Wir parkten das Auto und liefen los, ca. 1 Kilometer über Felsen und Steine. Kurz vor dem Ziel kämpften wir gegen den Wind an und waren froh, als wir endlich die markante Felsformationen erreichten. Aber es hat sich gelohnt, sie sind schon sehr außergewöhnlich. Die Legende sagt, dass die übermütigen Unholde hierher gekommen sein sollen und bei Anbruch des Tages versteinert sind. Bald erreichten wir Olderfjord, ca 130 Kilometer vor unserem Ziel. Vom Fjord erkannten wir mitterweile gar nichts mehr, auch nach dem Skarvberg-Tunnel sah es nicht anders aus. Egal, der Weg ist das Ziel. |
Es folgte ein weiterer Tunnel und nach ca. 30 Kilometern haben wir das Ende des europäischen Festlands erreicht. Die Insel MagerØya liegt vor uns, die durch den fast 7 Kilometer langen Nordkap-Tunnel mit dem Festland verbunden ist. Der Tunnel liegt 212 Meter unter dem Eismeer und bei der Einfahrt überkam mich ein klitze kleines Gefühl der Platzangst, aber nur ein klitze kleines. Es ging tief hinunter, dann wurde der Tunnel flacher um weiter hinten wieder steil nach oben zu führen. Dann, endlich wieder Licht, wir sind auf der Nordkap-Insel angekommen, juhuu! Der erste Stop galt dem hier größten Ort der Insel, Honnigsvåg, um in einem Supermarkt unsere Frühstücksreserven aufzustocken. Danach ging's weiter zur Unterkunft, die ich bereits von zu Hause aus reservierte. Wir bekamen diesmal keine Hütte, sondern ein Doppelzimmer in einem kleinen Haus. Hütten sind zwar gemütlicher, aber diese waren leider schon ausgebucht. Der Wind ging immer kälter, kein Wunder, denn das Klima hier ist zu jeder Jahreszeit so rau, wie im Winter bei uns zu Hause. Was sind wir froh, dass wir gestern im Supermarkt ganz günstig Mützen und für mich noch einen Schal fanden. Und das im Juni. Noch nie trugen wir im Juni, einen Tag vor Sommeranfang, Mütze und Schal. So packten wir uns dick ein, fuhren nach Skarsvåg, fragten in der Touristeninfo nach dem Wanderweg zum Kirkeporten, parkten das Auto und wanderten los. |
Zuerst einen Steilen Hügel hinauf und noch war alles ganz friedlich. Der Wind ging ein wenig, aber es war ok und wir hatten eine schöne Sicht auf Skarsvåg (Foto rechts). Die 3°C, die hier vorherrschten, störten uns gerade nicht so besonders. Plötzlich stand ein kleines Rentier auf dem Weg und blickte uns neugierig an. Oben angekommen fanden wir keine Wegweiser mehr und liefen somit einfach mal nach rechts, natürlich völlig falsche Richtung. Nun war es nicht mehr nur ein Rentier, das auf dem Pfad stand, sondern gleich eine ganze Herde Rentiere. Leider waren sie so scheu, dass sie schon bei der geringsten Annäherung davon rannten. |
Der Wind wurde strenger, ach was rede ich, er pfiff uns nur so um die Ohren! Auf dem blanken Felsen ohne Schutz bei gefühlten 0°C und eisigem Wind zu stehen war in diesem Moment nicht wirklich das, was wir jetzt wollten. Wir wollten das Kirkeporten finden, was sicherlich nicht hier oben sein kann. Also den ganzen Weg zurück bis zu dieser Stelle, an denen die Wegweiser aufhörten. Dort empfing uns eine zweite Rentierherde und hätten wir vorhin einfach mal kurz auf der anderen Seite des Hügels hinuntergeguckt, hätten wir uns den Weg rechts hinter in den Sturm sparen können. Denn unterhalb ging der Pfad weiter, schön markiert mit den weißen Pfosten. Wir stiegen die Steine hinab, nicht ganz ungefährlich und dem offenen Meer zugewandt, toste uns der Wind erneut um die Ohren. Teilweise so heftig, dass wir nicht mehr weiterliefen und uns lieber irgendwo festgehalten hätten, um nicht davon zu fliegen. Aber hier gab's nichts zum Festhalten, nur Steine. |
Plötzlich standen wir auf einer Klippe. Und wo ist nun das Kirkeporten? Genau, unter uns! Ein sehr schmaler Pfad führt hinunter, entlang am steilen Abhang. Doch endlich, wir konnten es sehen, diesen außergewöhnlichen Felsen in Treppenform mit einem Loch an der Seite, durch das man bei gutem Wetter die Mitternachtssonne zwischen 0:00 Uhr und 2:00 Uhr hindurch sehen kann (Foto links). Aber heute nicht. Schade. |
Auf den beschwerlichen Weg wieder nach oben ließ der Sturm etwas nach und wir konnten fast windfrei die 2 1/2 Kilometer zurück zum Auto marschieren. Nun aber sollte es endlich hoch hinaus gehen, zum Nordkap. Das Wetter wird sich heute ganz sicher nicht mehr bessern. Wir fuhren bei Nieselregen und 5°C in Skarsvåg los und hatten noch eine Strecke von 20 Kilometern vor uns. Die Wolken wurde dunkler und heller, der Regen hörte auf und fing wieder an. Das Klima hier soll auch im Sommer meistens kalt und stürmisch sein und die Wolken sollen meistens so tief hängen, dass man kaum das Polarmeer sehen kann. Obwohl die Mitternachtssonne hier zwischen dem 14.05. und 30.07. scheint, ist sie am Nordkap wohl am seltensten zu sehen als sonstwo nördlich des Polarkreises. Wie dem auch sei, wir werden heute definitiv kein Glück haben und gaben uns damit zufrieden. Wir näherten uns dem Kap und mussten kurz zuvor eine "Eintrittsgebühr" von rund 50,00 € bezahlen! Uff, um sich eine Klippe und die Nordkaphallen anzusehen? Dafür gilt die Karte zwei Tage und so konnten wir später, um Mitternacht, kostenlos wiederkommen. Wir parkten das Auto zwischen den geschätzten tausend Bussen und Wohnmobilen, das Thermometer zeigte inzwischen nur noch 2°C an, und traten ein in die aus dicken Felsbrocken erbaute Halle. Drinnen fanden wir selbstverständlich Souvenirgeschäfte, Café und Restaurant, ein Sonderpostamt (beim Abgeben der Ansichtskarten erhält man einen Sonderpoststempel). |
Draußen erkannten wir schon die berühmte Kugel, die auf einem Steinplateu steht. Da wollten wir jetzt hin. Kaum hinter dem Zaun um die Ecke gebogen, peitschte uns eine heftige Sturmboe direkt ins Gesicht. Wir kamen gar nicht mehr voran, mussten uns dagegen ankämpfen, obwohl es nur ein paar Schritte zur Kugel waren. Aber es würde eigenartig erscheinen, wenn es hier am 71. Breitengrad sommerliche Temperaturen hätte. Aber wir haben es geschafft. Year! Wir sind am Nordkap, dem Nördlichsten Punkt Europas (Foto rechts). |
Naja, eigentlich stimmt das gar nicht, denn etwas weiter westlich erkannten wir den wirklich nördlichsten Punkt Europas, die Landspitze Knivskjellodden, die aber eher uninterssant aussieht, da sie sich sachte nach unten ins Meer schiebt und keine Klippe ist. Erwandert werden kann sie in vier Stunden (one way), was uns zu weit war. Wir fanden es trotzdem wahnsinnig toll, hier zu stehen und mich überkam wieder einmal das glückliche Gefühl, an einem Ort auf der Welt zu sein, den ich sonst nur aus Film, Fernsehen und Internet kenne. Dass die Knivskjellodden eigentlich noch ein winziges Stück nödlicher liegt, störte uns gar nicht. Wir genossen einfach den Moment, jetzt und hier am Nordkap zu stehen. Trotz eisigem Wind. Wir kämpften uns zurück ins Gebäude und kauften Ansichtskarten. In 20 Minuten würde der stündlich anlaufende Kurzfilm über das Nordkap zu allen Jahreszeiten beginnen. Wir nahmen in der zweiten Reihe Platz, die Leinwand ist im 180 Grad Winkel aufgebaut und der Film absolut sehenswert. So herrliche Aufnahme von Mitternachtssonne, Sommer und Herbst, Polarlichter und Schnee habe ich selbst auf vielen Fotos und Postkarten nicht gesehen. Nach dem Film liefen wir noch den unterirdischen Tunnel entlang, vorbei an der St.-Johannes-Kapelle und einem Thailändischen Tempel, den ich persönlich ziemlich kitschig fand. Zwischendurch veranschaulichen gut gemachte 3D-Modelle die Geschichte berühmter Besucher. |
Auf dem Rückweg machten wir noch einen Abstecher zum Vogelfelsen Gjesværstappan. Als wir dort ankamen, überblickten wir zwar die Inselgruppen, die aus fast 100 größeren und kleineren Inseln besteht, aber bedachten dabei nicht, dass sich die Papageientaucher-Kolonien auf diesen Inseln befinden und bei diesem Wetter und um diese Uhrzeit sicherlich kein Boot mehr hinausfährt. Ach schade. Aber na gut, dann sollten eben wir eben heute kein großes Glück haben. Was soll's. Glück ist für uns heute, überhaupt hier zu sein :-) |
Wir fuhren in unsere Unterkunft und machten uns dort erst einmal ein warmen Essen. Es war ohnehin schon spät geworden, trotzdem wollten wir später, um Mitternacht, noch einmal ans Kap für das Mitternachtsfoto. Ja, ich weiß, etwas abgestumpft, aber es musste einfach sein :-) Um 23:15 Uhr fuhren wir erneut los, die 25 Kilometer zum Kap. Diesmal war das Wetter, wir wollten es gar nicht glauben, windstill und somit milder als am Nachmittag. Als erstes bogen wir vor der Halle nach rechts ab zu einer "Sehenswürdigkeit", die mich sogar berührte", das "Kinder der Erde"-Monument. Es wurde von Kindern aus sieben Ländern der Erde geschaffen und besteht aus sieben runden Tafeln sowie einer lebensgroßen Mutter-Kind-Figur. Es symbolisiert Hoffnung, Freude und Freundschaft... |
In ein paar Minuten ist Mitternacht. Heute, am gleichzeitigen Sommeranfang, hat die Sonne um Mitternacht ihren höchsten Punkt erreicht. Aber zu sehen war sie nach wie vor nicht. Punkt 0:00 Uhr liefen wir erneut zur Kugel und warteten auf die Stumböe, die aber nicht kam. Hach wie schön! Wir genossen das Hiersein mehr als am Nachmittag und stellten uns hinter die Kugel windgeschützt an das Plateau und blickten auf das Polarmeer. Von den fünf Weltmeeren auf der Erde haben wir nun schon das vierte erreicht :-) Nun fehlte nur noch unser Foto. Ich fand schnell einen Auserwählten, der mit seinem Fotoequipment sehr professionell aussah. Und so bekamen wir unser Mitternachtsfoto zur Sommersonnenwende am Nordkap um genau 0:16 Uhr (Foto rechts). Leider ohne Mitternachtssonne. |
Wir verweilten hier noch eine Weile, fast eine dreiviertel Stunde, bis wir den Rückweg ins Camp antraten. So wirklich müde waren wir noch nicht. Die ständige Helligkeit hat unseren Schlaf-Wach-Rhythmus ganz schön durcheinandergebracht. Wir brauchten eine Weile, bis wir einschlafen konnten. |
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